Wie ist die heutige TNC Production GmbH entstanden?
Vor 20 Jahren habe ich das Marketing und die Pressearbeit für gastronomische Einrichtungen der TNC Group von Bars bis hin zu Clubs übernommen. Währenddessen nahm durch meinen Geschäftspartner Michi die Vision einer eigenen Kommunikations- und Marketingagentur Gestalt an, die sich schnell einen Namen durch die Realisierung großer Events und Kampagnen machte. Unser Durchbruch erfolgte mit einer Kampagne für Burger King, die darauf abzielte, deren Filialen nachts zu beleben. Daraufhin haben wir eine eigene Social Media Plattform programmiert. Das war eine Zeit noch lange vor studiVZ und Facebook. Wir haben Liveübertragungen aus den Restaurants gesendet und dort für Schlangen in Bayern und Sachsen gesorgt.
Stück für Stück hat sich die Agentur weiterentwickelt. Heute konzentriert sich unsere Arbeit vorrangig auf die Kommunikation im digitalen Marketing, obwohl wir seit dem Ende der Pandemie auch wieder verstärkt Events umsetzen. Die Balance zwischen dem Digital- und Veranstaltungsbereich prägt unser heutiges Profil, wobei der digitale Bereich unser Hauptspielplatz bleibt.
Für welche Branchen seid ihr hauptsächlich tätig?
Von den Branchen her sieht es sehr unterschiedlich aus. Wir haben sehr treue Kunden, die wir strategisch schon länger begleiten. Das macht viel Spaß und erstreckt sich vom Retail- über den Immobilienbereich bis hin zu Versicherungen. Natürlich sind auch die Gastronomie und Hotellerie mit dabei.
Wie bist du zu deiner Leidenschaft Marketing gekommen?
Ich bin in Leipzig geboren und war als 17-Jährige ein Jahr in den USA. Meine damalige Gastmutter war im Marketing- und Radiobereich tätig und hat mir viel Know-how vermitteln können, sei es zu Konzerten, Festivals oder die Arbeit im Marketing an sich. Rückblickend wurde da bereits der Grundstein gelegt. Als ich wieder in Deutschland war, habe ich bereits während des Abiturs mit Promotionsarbeit angefangen. An diesen Jobs hatte ich so viel Spaß, dass ich dann Kommunikationswissenschaften berufsbegleitend studiert habe.
Würdest du den gleichen Weg heute noch einmal gehen?
Ja! Ich liebe meine Arbeit, ich liebe das Agenturleben. Natürlich ist es eine Herausforderung und ein ständiger Hustle, aber ich liebe es. Auch wenn ich nicht lange im Voraus planen kann und nicht immer weiß, was die kommende Woche auf mich wartet. Ob ein neuer Kunde, ein neues Projekt oder eine neue Herausforderung – es wird nie langweilig.
Besonders auffallend ist dein Engagement für das Netzwerken von und für Frauen. Bei der Vielfältigkeit deines Berufsalltags, wie bist du dazu gekommen?
Vor über 4 Jahren ist Xing auf mich zugekommen, weil ich die damals 2. erfolgreichste Veranstaltung in der DACH-Region umgesetzt habe. Mit dem Hintergrundgedanken, dass ich viele tolle Frauen privat und beruflich kenne, die ich gerne zusammenbringen würde, habe ich zuerst ein Business Frühstück für Frauen organisiert. Das war gar nicht so einfach und musste von der Xing-Geschäftsführung freigegeben werden, weil es etwas ganz Neues war. Ich habe auch ein paar böse E-Mails von Männern bekommen, von denen ich mich allerdings nicht beirren ließ und einfach weitergemacht habe. Denn ich merke einfach, dass es total viel Energie gibt, wenn Frauen netzwerken und sich untereinander austauschen können.
Absolut. An dem Gegenwind sieht man wohl auch die Notwendigkeit für die Frauennetzwerke. Wie bist du der Kritik von diesen Männern entgegnet?
Damals habe ich ganz freundlich und sachlich geantwortet. Mittlerweile gehe ich mit einem Augenzwinkern auf überflüssige Fragen wie „Und was treibt ihr denn da Schönes?“ zu. Ich sag mal so: Was denkt ihr, was wir da tun und was da passiert? Wir netzwerken und unterhalten uns ganz normal wie in jedem anderen Businesstermin.
Es ist belegt, dass Frauen in rein weiblichen Netzwerken anders interagieren. Mein Ziel ist es, eine Plattform zu geben, wo sich Frauen frei und offen über eine Bandbreite an Themen austauschen können – von beruflichen Fragen bis hin zu persönlichen Angelegenheiten. Wir fühlen uns nicht mehr alleine mit diesen Problemen und es entsteht ganz viel Inspiration und Ideen sowie Lösungen. Das verbindet.
Warum stören Männer dabei?
Ich würde nicht sagen, dass sie stören! Es ist eher einfach so, dass Frauen im Berufsleben ein stückweit anders netzwerken müssen, weil für uns Frauen andere Faktoren relevant sind. Für uns ist relevant, wie das Arbeitsklima ist, wie flexibel die Arbeitszeiten sind, wenn ich bspw. eine Familie zu versorgen habe. Welche Benefits gibt es für mich als Person? Für Männer sind andere Faktoren relevant. Da geht es oft eher um die harten Faktoren wie Gehalt, Status, Weiterentwicklung.
Natürlich können Frauen und Männer auch zusammen positiv netzwerken. Dennoch: Wenn Männer im Raum sind, verhalten Frauen sich anders. Genauso verhält sich auch eine Gruppe von Männern anders, wenn eine Frau dazukommt, es werden Themen anders angesprochen. Männer neigen dazu, den Fokus auf die guten Sachen bei sich zu legen, wir Frauen stapeln oft sehr tief. Zum Beispiel erzählt eine Frau bei meinem Frühstück, sie habe drei Kinder, als Hobby nähe sie und schon fast beiläufig erwähnt sie, sie leite eine Firma mit 100 Leuten. Ganz oft erlebe ich, dass Frauen versuchen, die Aufmerksamkeit runterzuspielen.
Ich möchte Frauen dazu ermutigen, sich und ihre Erfolge selbstbewusst zu präsentieren, sich in die Sichtbarkeit zu bringen und sich für ihre Leistungen auch zu feiern.
Wie schätzt du die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Männern und Frauen in Unternehmen ein? Haben sich womöglich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Arbeitswelt ausgeglichen?
Ich glaube, dass wir vom Ausgleich noch ein ganzes Stück entfernt sind. Dennoch habe ich das Gefühl, dass sich vieles tut, weil diese Themen präsenter werden. Unter anderem hat die MeToo-Initiative viel bewegt und Bewusstsein für die alltäglichen Herausforderungen geschafft, mit denen Frauen konfrontiert sind und die aktiven Rollen, die Männer darin einnehmen. Ich sehe, dass viele Unternehmen, darunter auch einige der großen Konzerne, bewusste Anstrengungen unternehmen, um Frauen zu fördern und Männern eine unterstützende Rolle zuzuweisen. Ich glaube, da passiert schon sehr viel, es darf aber sehr gern noch viel mehr passieren. Der Gender Pay Gap liegt nach wie vor bei 18 %, das macht für mich keinen Sinn und ist einfach ungerecht.
Welche Tipps hast du für erfolgreiches Networking? Wie geht man auf Leute zu bei einer solchen Veranstaltung?
Als erstes solltest du überhaupt erstmal die passende Veranstaltung für dich finden. Schau dich um, was es für Möglichkeiten gibt. Vielleicht holst du dir auch Erfahrungsberichte ein. Es gibt ganz viele spezifische Netzwerke, die sich in den Stimmungen nicht unterschiedlicher sein könnten. Da solltest du dir überlegen, was dein Ziel ist und welche Veranstaltung mit dir resoniert. Wichtig ist, den Mut zu haben, es auszuprobieren und die Hemmungen zu verlieren. Du kannst immer zu zweit gehen, ob mit einer Kollegin oder Freundin. Ich bin dennoch ein Fan davon, alleine es zu probieren, gerade weil du so aus der Komfortzone rauskommst und besser netzwerken wirst. Du kannst eigentlich gar nichts verlieren und das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du eine schöne Zeit hast und neue Kontakte knüpfst.
In puncto Marketing: Was kannst du aus deinen jahrelangen Erfahrungen mitgeben, wenn es darum geht, sich und sein Produkt zu vermarkten?
Auf jeden Fall sind soziale Netzwerke nicht wegzudenken. Ich rate keinem, überall gleichzeitig aktiv zu sein – es ist vielmehr wichtig, die Plattformen auszuwählen, auf denen du präsent sein möchtest. Ich empfehle, verschiedene Plattformen auszuprobieren und sich ein eigenes Bild zu machen, bevor du urteilst. Besonders im Bereich Beauty bleibt Instagram eine faszinierende Plattform. Qualitativ hochwertiger Content erfordert Zeit und Leidenschaft. LinkedIn eignet sich hervorragend für die eigene Positionierung und B2B Kontakte. Zudem sind Digital Natives gefragt, die mit ihrer intuitiven Herangehensweise den digitalen Auftritt authentisch gestalten können. Es ist wichtig, in die Sichtbarkeit zu kommen und die passenden Plattformen zu nutzen.
Du engagierst dich auch sozial. Wie bist du dazu gekommen und wie sieht dort deine Arbeit aus?
Der Ursprung liegt in einer Veranstaltung, die vor Ewigkeiten stattfand. Beim „sozialen Marktplatz“ kamen soziale Einrichtungen und Unternehmen im Ring Café zusammen, um sich über Bedürfnisse und mögliche Unterstützung auszutauschen. Damals unterstützten wir Einrichtungen mit für uns kleinen Gesten wie z. B. der Spende von Bürostühlen, diese hatten aber oft eine große Wirkung. Vor zwei Jahren habe ich eine Reise nach Afrika gemacht und soziale Einrichtungen kennengelernt, was mich motiviert hat, eine eigene Spendenaktion zu starten. Dank der Großzügigkeit von über 80 Personen aus meinem Netzwerk konnten wir 100 Kinder in einem Township nahe Kapstadt für ein Dreivierteljahr lang gesund und warm ernähren. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich meine Reichweite auch für positive Veränderung einsetzen kann.
Im vergangenen Jahr organisierte ich gemeinsam mit einem Reiseunternehmen eine Reise nach Eswatini, dem Land mit einer der weltweit höchsten HIV-Raten. Nach Eswatini begleiteten mich 10 Personen aus meinem Netzwerk. Wir knüpften Kontakte zu sozialen Einrichtungen vor Ort und initiierten weitere Spendenaktionen, um konkret Hilfe zu leisten. Mit der Spendenaktion konnte ein NCP Neighbourhood Care Point für ein Jahr finanziert werden. Dort werden nun 40 Kinder die Vorschule besuchen, um dann die Grundschule besuchen zu können. Ich würde sehr gerne mehr Zeit und Energie in soziales Engagement investieren, insbesondere in Projekte, die Reisen mit wohltätigen Zwecken verbinden. Es geht darum, persönliches Wachstum mit gesellschaftlichem Bewusstsein zu kombinieren. Die damals gesammelten Spenden haben enorm viel bewegt.
Dein Engagement richtet sich auch an die Kreativszene. Welche Unterstützung benötigt diese in Leipzig?
Aus meiner Erfahrung als Vorsitzende des IHK-Ausschusses für Medien, IT und Kreativwirtschaft kann ich sagen, dass bei der Brücke zwischen Politik und Wirtschaft die Mühle einfach langsamer malt. Man kommt in den Gesprächen mit der Politik schneller an Grenzen, aber das ist ein Problem der generellen Kreativszene, die durch Regularien ausgebremst wird. Es mangelt an Freiräumen, die essenziell für die Entfaltung von Kunst und Kreativität sind – Elemente, die im gesellschaftlichen Diskurs leider noch immer unterschätzt werden. Gerade diese Dinge machen doch das Leben erst interessant.
Jungen Menschen sollten mehr Gelegenheit geboten werden, an Kultur teilzunehmen. Und überhaupt: Wie selten ist es doch, dass man Leipziger Kultur besucht? Wann warst du das letzte Mal in der Oper, im Schauspielhaus, im Krystallpalast oder im Gewandhaus? Es ist bedauerlich, dass solche Einrichtungen im alltäglichen Leben oft unbeachtet bleiben. Kultur muss noch präsenter und zugänglicher werden, ein normaler Teil des Lebens, den jeder ohne Hürden erleben kann. Ich bin dafür, einen Kulturalltag zu etablieren.
Da fällt mir ein: Es ist vielen nicht bekannt, dass an jedem ersten Mittwoch des Monats der Eintritt in den meisten Museen Leipzigs frei ist.
Das weiß keiner! Und wenn das einfach mal über die Schulen, Vereine etc. kommunizieren werden würde, sodass die Begeisterung geweckt werden kann. Ich glaube, das würde uns allen guttun!
Was fehlt deiner Meinung nach in Leipzig?
Es ist schwierig, in Worten zu fassen, aber ich denke, Leipzig könnte ein Stück mehr internationales Flair gebrauchen. Ein Stückweit fehlen mir hier auch ein positives Mindset und eine lebensbejahende Einstellung. Nach dem Motto: Wir dürfen jeden Tag aufstehen und entscheiden, welches Leben wir leben möchten. Ich finde, das darf man sich jeden Tag bewusst machen und dankbar dafür sein.
Und zum Abschluss: Was sind deine persönlichen Leipziger Hotspots?
Ich bin sehr gerne am Wasser und an unseren umliegenden Seen. Da spaziere ich länger und habe gerne meine Ruhe. Ansonsten liebe ich es, in Plagwitz auf der Karl-Heine-Straße zu sein und zu essen. Eine absolute Empfehlung ist der Don Kichot, das weiß jeder. Seit mittlerweile 10 Jahren liebe ich das Essen und die Menschen dort. Ansonsten esse ich auch gerne in der Gottschedstraße, wo ich mein Büro habe. Die Freisitze sind schön und Klassiker wie Pilot oder Café Luise sind nicht wegzudenken. Für eine süße Pause greifen wir in der Agentur gerne auf die feinen Törtchen von Röseling zurück.
Und was ich viel zu selten in Leipzig mache, ist einfach in die Natur zu gehen. Gerade in der Innenstadt erreichst du innerhalb von wenigen Minuten grüne Oasen wie Rosental oder Clara-Zetkin-Park. Dazu gibt es ja auch medizinische Studien, die nachweisen, dass eine Auszeit im Grünen das Nervensystem reguliert und entspannt und positive Stimmung fördert. Das kommt also für 2024 ganz oben auf die Liste.
Vielen lieben Dank für deine Zeit und Offenheit.
Mehr als ein Wort - wir sprechen über persönliche Wege, Erfahrungen und Visionen. Unsere Interviews porträtieren kreative Leipziger Köpfe und interessante Menschen unserer Stadt. Gemeinsam setzen wir uns für mehr Sichtbarkeit der Mode- und Kreativszene Leipzigs ein.
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