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Simone Dake - Ehemalige Spitzensportlerin in der DDR und ehrgeizige Gründerin
Portrait von Simone Dake

Groß geworden ist Simone Dake im Leistungssportsystem der DDR und seit fast 30 Jahren ist sie mit ihrer Agentur DAKE im Bereich Kultur selbstständig. Im Interview spricht Simone über den Zusammenhang zwischen ihrer Karriere als Sportlerin und dem Erfolg in der Selbstständigkeit, über uneigennütziges Networken und die Zusammenarbeit mit dem MACHN-Festival.

Jan

Simone, schön, dass du da bist. Erzähl uns mal, wie es bei dir angefangen hat. Kommst du gebürtig aus Leipzig?

Simone Dake

Ich bin in Dresden geboren. Mit drei Jahren ist meine Familie aus beruflichen Gründen meines Vaters nach Leipzig umgezogen.

Jan

Du bist dann sehr schnell zum Leistungssport gekommen?

Simone Dake

Ja, ich bin recht jung zum Leistungssport gekommen. Wegen schlechter Haltung wurde ich mit 5 Jahren zum orthopädischen Turnen vermittelt. In solche Gruppen kamen damals zur Sichtung von Talenten oft Trainer von der DHfK (Deutsche Hochschule für Körperkultur) und dem SCL (Sportclub Leipzig). Meine Eltern wurden von denen angesprochen und ich daraufhin zum Vorturnen für die Leistungsgymnastik - so hieß es damals noch - in die DHfK Leipzig eingeladen. Das wiederum hatte zur Folge, dass ich in das Leistungszentrum Gymnastik aufgenommen wurde.

Nur wenige Jahre später landete ich im Leistungssport-System der DDR. Ich wurde mit der dritten Klasse als Rhythmische Sportgymnastin im Sportclub Leipzig aufgenommen und konnte somit auch auf die Kinder- und Jugendsportschule gehen. Das war eine Spezialschule ausschließlich für Sportlerinnen und Sportler, die auf die großen internationalen Wettkämpfe, wie Europa- und Weltmeisterschaften und Olympiaden vorbereitet wurden.

Jan

Wie lang warst du Teil des Leistungssportsystems?

Simone Dake

Recht lange, bis ich für diese Sportart zu alt, aber auch körperlich zu verschlissen war. Ich habe mit 16 die Leistungssportkarriere beendet. Es gab damals ein Prestigeprojekt namens „Sportschau des DTSB der DDR beim Sportclub Leipzig". Unsere Gruppe bestand aus ehemaligen Leistungssportlern verschiedener Sportarten, wie Turnen, Gymnastik, Sportfechten und Judo. Wir haben verschiedene Showprogramme kreiert und so den DDR-Leistungssport zu verschiedenen Anlässen „unterhaltsam“ im In- und Ausland präsentiert. Wir reisten damit auch in die kapitalistischen Länder wie z.B. nach Frankreich, Spanien, Portugal, in die Schweiz und in die BRD, die sonst ja kaum bereist werden konnten. Es waren natürlich immer sehr kurz gehaltene Aufenthalte. Trotzdem zehrten wir von tollen Begegnungen und Erlebnissen, konnten Eindrücke und Inspirationen sammeln. Auf den Reisen hatte ich auch meine ersten unmittelbaren Begegnungen mit angesagten DDR-Musikern und Künstlern, denn oft wurden auch Bands mitgeschickt. So z.B. City, Silly, der Oktoberclub, den es damals noch gab, oder das Blamu Jazz Orchester Weimar. Das waren dann auch meine ersten zarten Berührungen mit der Kultur.

Jan

Wie ging es nach der Auflösung der DDR mit dem Leistungssport weiter?

Simone Dake

Nach 1989 brach das bestehende System der Sportförderung fast komplett zusammen. Es gab, wie in so vielen anderen Bereichen ja auch, einschneidende Umbrüche. Auch Trainer und Funktionäre wurden gegangen, neue sind gekommen. Soweit ich weiß, wurde 1993 auch der Sportclub Leipzig in seinem ursprünglichen Sinne aufgelöst.

Allerdings trainieren in den vorhandenen Hallen und Räumlichkeiten noch immer Sportlerinnen und Sportler, aber eben innerhalb der heute bestehenden Möglichkeiten und Voraussetzungen. Ich schaue ab und zu mal in den Medien mir Wettkämpfe in der Rhythmischen Sportgymnastik an. Es ist unglaublich, wie sich mit den Jahren das Können und die Leistungen weiterentwickelt haben. Ich dachte damals schon, dass wir an physische Grenzen des Machbaren gestoßen sind. Doch der Mensch scheint immer wieder und immer weiter in der Lage zu sein, noch mehr Leistungen zu erbringen. Man denkt ja oft, jetzt ist eine Grenze erreicht, zurückblickend stellt man fest, es war nicht wirklich die Grenze.

Jan

Privat hat sich für dich ´89 sicherlich auch viel geändert. Hast du dich erstmal ins Abenteuer gestürzt? Wie sah das aus?

Simone Dake

Ich begann noch vor der Wende ein Studium für Psychologie. Doch dann bot sich eine sogenannte „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“, die ich unbedingt nutzen wollte. Das Kulturamt Leipzig hat zusammen mit Edgar Lahrius-Bergmann das erste Rockbüro in den Neu-Bundesländern auf den Weg gebracht und damit einhergehend zwei Stellen geschaffen.

Neben meiner zunehmenden Vorliebe zur Musik und Kultur motivierte mich der Gedanke, dem super gut aussehenden Gitarristen, in den ich mich zu der Zeit gerade verliebt hatte, zu offerieren, ihn mit seiner Band zu managen. Also zwei gute Gründe, den Job anzunehmen.

Daraufhin schmiss ich das heiß begehrte Studium und begann mein Arbeitsleben als Kulturschaffende nun im Haus Leipzig, konkret im Rockbüro Leipzig - der Anfang meiner eigenen rebellischen Umbruchszeit. Bis dahin habe ich diszipliniert und stringent alle Erwartungen erfüllt: Schule-Abi-Studium. Aber nun war es an der Zeit, meine Wünsche und Vorstellungen gegen die meiner Eltern auszuleben. Hier begann für mich ein neuer Lebensabschnitt.

Jan

Wie ging es weiter? Bist du erstmal in dem Metier abgetaucht?

Simone Dake

Ja, das war wirklich der Anfang. Diese ABM-Stelle lief planmäßig nach kurzer Zeit aus, doch es fügte sich, dass beim Chef des Haus Leipzig - Ulrich Doberenz - eine Vertretung gesucht wurde. Und schwups landete ich dort. Uli hatte zu der Zeit mit drei weiteren Kollegen bereits ein Label gegründet und so entstand die Idee, dass ich die auf diesem Label Löwenzahn produzierten Künstlerinnen und Künstler promote und manage. Das war der Einstieg in meine Selbstständigkeit. Wir - Uli und ich - gründeten 1994 dafür eine Agentur. Seitdem lebe ich das, was ich liebe.

Jan

Ist das deine heutige Agentur DAKE?

Simone Dake

Ja. Auf dem Weg hat sich jedoch einiges entwickelt, inhaltlich, personell und auch namentlich. Wir standen auf dem Flur beim Gewerbeamt zur Anmeldung und die Kollegen vom Amt sagten: „Wie soll die Agentur denn heißen?" Darüber hatten wir uns noch gar keinen Gedanken gemacht. Dann haben wir auf die Schnelle vor Ort Pros und Contras auf einen Zettel geschrieben. Bis wir uns dann „ganz kreativ“ auf Agentur ProCon von pro und contra geeinigt haben. Erst im Laufe der Zeit kamen wir dann auf den Trichter, dass es für „Promotion and Concerts“ steht. Uli hat sich über die Jahre wunschgemäß jedoch eher als Labelchef etabliert und die dritte Kollegin im Bunde ist eher dem Wunsch eines gesicherten und regelmäßigen Jobs gefolgt. So wurde aus der GbR ein Einzelunternehmen namens DAKE Event und nun DAKE - Das Unterhaltungsprinzip. Denn mittlerweile gab es in Köln eine sehr große Veranstaltungstechnik-Firma namens ProCon, die nicht wollte, dass noch eine Firma in einem ähnlich gearteten Arbeitsfeld so heißt.

Jan

An welchem Punkt kam das Rudolstadt-Festival zustande?

Simone Dake

In Rudolstadt gab es von 1955 bis 1989 eine langjährige Tanzfest-Tradition. Wendebedingt war ein Jahr Pause, doch dann hatte die Dezernentin für Kultur die Idee, man müsste diese Tradition doch bestenfalls fortsetzen. Sie hat Uli Doberenz angesprochen und daraufhin hat er ein Konzept vorgelegt. Durch ihre Initiative, die ungebrochene Unterstützung des damaligen Bürgermeisters von Rudolstadt und der Expertise von den Machern gab es 1991 den zeitgemäßen Neustart, der Anfang der wirklichen sehr schönen Erfolgsgeschichte des Rudolstadt-Festivals, welches in diesem Jahr die 31. Auflage erlebt.

Ulrich Doberenz war zu der Zeit, als wir uns - in meiner Funktion als Stellvertretung - kennenlernten, bereits Festivaldirektor und war auf der Suche nach engagierten Mitstreitern. Ich bin im zweiten Festivaljahr in das Leitungsteam eingestiegen, verantwortlich für den Aufbau des festivaleigenen Ausschanks und den Aufbau der Handels- und Imbissstände. Nach dem Ausscheiden von Peter Uhlmann übernahm ich seinen Job als Leiterin des Festivalbüros und nach dem Ausscheiden von Uli wurde ich neben Petra Rottschalk zur Festivaldirektorin ernannt. Wir sind ein zehnköpfiges Leitungsteam, bestehend aus städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und freien Kulturschaffenden mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten. Insgesamt knapp 500 Personen realisieren das Festival für jährlich um die 1.000 Künstlerinnen und Künstler aus 40 bis 50 Ländern. Das in die Stadt organisch und gesund gewachsene Festival lebt von dem besonderen Spirit, von den Menschen auf, hinter und vor der Bühne, von der Vielfalt der zu erlebenden Kulturen, von der liebevollen Gestaltung.

Für diejenigen, die es noch nicht erlebt haben, das Festival findet immer am ersten Juli-Wochenende statt, dieses Jahr vom 06. bis 09. Juli 2023.

Jan

Du hast uns vor dem Gespräch gesagt, dass dein Team auch nach Corona nach wie vor vollständig ist. Das heißt, dass du deine Selbstständigkeit gut durch Corona manövriert hast. Was ist dein Geheimnis für fast 30 Jahre Selbstständigkeit?

Simone Dake

Ich glaube, das ist die Summe von mehreren Faktoren. Wenn du deinen Beruf liebst und dafür brennst, was du tust und darin auch einen Sinn siehst, dann ist das aus meiner Sicht einer der stärksten Motoren, jeden Morgen, jeden Abend, jede Nacht sich dafür erneut einzusetzen, auch in Krisenzeiten durchzuhalten und anstehenden Veränderungen mit Offenheit gegenüberzustehen. Die Liebe und Leidenschaft zur Sache ist für eine erfüllte Selbstständigkeit eine ganz wesentliche Voraussetzung. Ich habe mein Arbeitsleben, meine bunte Arbeitswelt immer wertgeschätzt. Es ist eine große Freiheit, dass ich mir die Inhalte und Projekte aussuchen, oder sie selbst kreieren und mich darin verwirklichen kann. Es ist aber auch eine große Herausforderung, beständig Verantwortung für Team, Künstlerinnen und Künstler, für die angenommenen Projekte zu tragen. Das braucht auch eine Disziplin, Zielstrebigkeit und den eisernen Willen, trotz Misserfolgen, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Die Pandemiezeit hat auch bei mir zu einer hohen nervlichen Angespanntheit und teilweise Unsicherheit geführt. Man ist schließlich eine Verabredung miteinander eingegangen und wusste, dass die Beteiligten auch in dieser besonderen Zeit teilweise abhängig vom eigenen Durchhaltevermögen, von Lösungsfindungen und Arbeitsleistungen waren. Da gehörte ein besonders großes gegenseitiges Vertrauen dazu.

Als Team haben wir uns gesagt: „Alle oder keine(r)“ und das auch so gelebt. Wir haben unsere Kräfte für die gefühlt unzähligen Konzert- und Showabwicklungen, aber auch für das Denken und Vorbereiten in die „Zeit danach“ investiert. Dank des Engagements von jedem Einzelnen, dank der Ü-Hilfen, aber auch aufgrund der langfristigen Partnerschaften hat die Agentur und ihr Team überlebt. Beständigkeit, nachhaltiges Arbeiten, Flexibilität und Verlässlichkeit haben für mich persönlich einen sehr hohen Stellenwert und diese Werte waren mir in der Selbstständigkeit stets gute Begleiter.

Jan

Was steht 2023 bei DAKE an?

Simone Dake

Meine Urpassion ist ja der Rock’n’Roll. Wir planen Konzerte mit STOPPOK im November und am 6. Januar noch einmal „CÄSAR - Semper Fidelis“, ein Erinnerungskonzert für Cäsar Peter Gläser, Musiker und Komponist unter anderen von Renft und Karussell, den ich lange Zeit gemanagt, geliebt und mit dem ich gelebt habe.

Eines der Hauptthemen in der Agentur ist Der Traumzauberbaum. Für das vielseitige Markenmanagement sind wir seit 2015 verantwortlich. Das beinhaltet unter anderem das Booking und Organisation der Auftritte, die Kreation und den Vertrieb von Merchandising-Produkten, die Betreuung von Kitas und Schulen.

Neben der intensiven Vorbereitung für das Rudolstadt-Festival steht auch unsere Varieté-Produktion in Gera im Fokus des Geschehens. Wir haben im letzten Jahr, eigens für die Stadt Gera, die Show „Alles muss ich sehen | Varieté zu Otto Dix“ initiiert und in Zusammenarbeit mit dem Krystallpalast Leipzig umgesetzt. Das war wirklich ein Knaller, wenn ich das so salopp sagen kann. Nun freuen wir uns auf die neue Show NACHTGESTALTEN, die im September in Gera zu erleben ist.

Außerdem stehen wir das zweite Jahr dem tollen Team vom MACHN-Festival beratend zur Seite und unterstützen aktiv die Gesamtproduktion.

Jan

Das MACHN-Festival finde ich natürlich sehr interessant.

Simone Dake

Die Startup-Safari hat sich mit dem Jahr 2022 zum MACHN-Festival weiterentwickelt. Marco Weicholdt, Coworking Manager & Startup Scout vom Basislager hat mich im letzten Jahr angesprochen, dem Team beratend zur Seite zu stehen. Wir haben uns wiederum durch den MUT Deutschland (Mittelständischer Unternehmenstag Deutschland) kennengelernt, welchen wir organisiert haben. Er hat uns aktiv dabei unterstützt, die Startup-Szene auf den MUT zu holen.

Die Zusammenarbeit hält an, ist erfrischend und inspirierend. Wir haben uns miteinander so gut eingegroovt und entschieden, mit der Zeit zu gehen, Stärken zu bündeln. Nach 16 Jahren geht der MUT Deutschland im neuen Treffpunkt der regionalen Unternehmerlandschaft auf. MUT ZU MACHN, so wird es nun.

Nach der Erstauflage im Westhafen lädt das MACHN-Festival for Business, Tech und Art in diesem Jahr vom 28. bis 29. Juni in der Baumwollspinnerei zirka 1.500 Personen aus ganz Mitteldeutschland ein und vereint Innovation, Unternehmertum und Kreativität. Das Veranstaltungsformat erfreut sich regen Zuspruchs und verspricht Wachstumspotential.

Jan

Bei dem Erfolg des MACHN-Festivals lässt sich da sagen, Leipzig hat einen eigenen Start-up-Kosmos?

Simone Dake

Aus meiner Sicht schon. Ich bin immer wieder überrascht, welch neue Technologien und Ideen es gibt, was für interessante Unternehmen es in der Region Mitteldeutschland schon gibt bzw. welche Gründerteams sich gründen. Diesen eine Plattform zur Präsentation und zum Austausch zu geben, ist sehr wichtig. Für diese Partner selbst, aber auch für das gut ausgebildete, interessierte Publikum, aber auch für den Wirtschaftsstandort.

Jan

Sehr, sehr cool. Gibt es einen direkten Ansprechpartner, den du uns nennen kannst, falls man mitwirken möchte?

Simone Dake

Na klar. Marco Weicholdt ist der Kopf der Festivalleitung, Johannes Held für die Speaker und Moderatoren verantwortlich, Patrick Bauer leitet das Marketing-Team und Karl Grumbach ist für die Ausstellung, die Gastro und in Zusammenarbeit mit uns für die Produktion zuständig. Ein wirklich tolles und engagiertes Team.

Jan

Du hast gerade etwas sehr Interessantes gesagt, bei dem ich total mitgehe, das ist das uneigennützige Networken.

Simone Dake

Eine gewisse Gelassenheit an den Tag legen, Dinge auch mal auf sich zukommen lassen, das hat aus meiner Sicht einen großen Wert, denn darin kann viel Gutes entstehen. Größe hat für mich auch, nicht vorrangig egogetrieben zu agieren, den Sinn und die Sache nicht aus den Augen zu verlieren. Das sind, neben der fachlichen Expertise, schon mal super Voraussetzungen für Gespräche auf Augenhöhe, einen wertvollen, ehrlichen Austausch. Dieses viel besprochene „Miteinander“ auch wirklich mit Leben zu erfüllen, uneigennützig zu geben, ohne auf den eigenen Vorteil zu spekulieren, da gibt es in unserer Gesellschaft noch viel Luft nach oben. Ich verstehe auch nicht wirklich, warum nur selten erkannt wird, dass man mit vereinten Kräften oft besser durch das Arbeitsleben kommt, es aus meiner Sicht auch ein Schlüssel zum Erfolg ist.

Jan

Du hast vorhin von deinem Mann Cäsar Peter Gläser erzählt, wie habt ihr euch kennengelernt?

Simone Dake

Durch die Zusammenarbeit mit dem Label Löwenzahn, welches 1995 seine erste Nach-Wende-Platte produziert hat. Cäsar hat angefragt, ob ich ihn managen und promoten möchte. Das habe ich verneint, weil ich mich mit Anfang 20 jungen, fetzigen Sachen widmen wollte und nicht der DDR-Musik. Oh je, was für eine Haltung und große Klappe ich mir da gewagt habe. Er ließ dennoch nicht ab und unterbreitete den Vorschlag „Wir machen mal einen Deal. Du kommst zu fünf Konzerten und wenn du dann mit der Musik immer noch nichts anfangen kannst, dann akzeptiere ich deine Absage.“

Jan

Wie viele Konzerte hat es gebraucht?

Simone Dake

Schon beim ersten Konzert dachte ich mir: „Boah, das fetzt ja doch.“ Das habe ich aber nicht gleich ausgesprochen, habe mich bis zum dritten geziert und wichtig getan, dann zugesagt. Und es begann eine fruchtbare, wunderbare Zusammenarbeit. Bis wir uns auch privat gefunden haben. Ich habe damit mein eigenes Tabu gebrochen. Mir war es immer wichtig, eigenständig wahrgenommen zu werden und ich wollte mir nie nachsagen lassen, dass die Agentur nur funktioniert, weil ich mit so einem anerkannten Künstler zusammenlebe. Deswegen haben wir das auch lange nicht kundgetan.

Wir waren 11 Jahre privat ein richtig gutes Team und haben 13 Jahre gemeinsam die Säle gerockt. Bis er 2008 seinem Krebsleiden erlag. Er lebt in mir, in uns weiter. Auch seine Musik, die glücklicherweise mehr und mehr auch von jüngeren Menschen wahrgenommen oder auch gespielt wird. Gemeinsam mit seiner Band „Die Spieler“ haben wir bereits drei „Semper Fidelis-Konzerte“ veranstaltet, die sich großer Beliebtheit erfreuten.

Jan

Wie ist das so für dich?

Simone Dake

Das ist allemal schwer, aber auch herzerwärmend. Wir haben leider nicht viel Bildmaterial, damals waren Videokameras noch Raritäten. Aber wir haben zusammen mit einer Produktionsfirma und dem Tontechniker geschafft, dass er visuell inmitten seiner Band singt und musiziert. Da hatten wir von den ABBA-Avataren noch nix gehört. Das war für alle so ergreifend und faszinierend. Mit seinen SPIELERN schauen wir nun weiter nach vorn, tragen die Musik ins Morgen.

Jan

Ein sehr schönes Andenken. Vielen Dank für deine offenen Worte. Wenn du die Leipziger Kultur- und Kreativszene betrachtest, was würdest du sagen, fehlt der Stadt?

Simone Dake

Ich kann das zur Zeit nur schwer einschätzen. Leipzig habe ich bis dato bewusst mehr persönlich als beruflich erlebt, denn mein Arbeitsfokus lag all die Jahre mehr in Thüringen und mit Blick auf das Management und Booking in den Neu-Bundesländern.

Um das beurteilen zu können, müsste ich intensiver in die Szene eintauchen, schauen, welche Angebote es derzeit gibt. Was hat Bestand, was entsteht neu. Das ist gar nicht so einfach, weil es aufgrund der verschiedenen Kommunikationsflächen „auf einen Blick“ nicht so recht erfassbar ist.

Was der Entfaltung einer Szene immer gut tut, sind Freiräume. Es braucht Oasen, wo kreative Köpfe ihren Ideen und Gedanken freien Lauf lassen können, ohne dass Grenzen, gleich welcher Art, bremsend die Oberhand gewinnen. Oftmals ersticken Keime in überlebten oder überdrehten Regularien.

In Zeiten gesellschaftlicher Herausforderungen steckte rückwirkend schon immer eine große Chance für die Entstehung neuer Strömungen, Auseinandersetzungen, neuer Formate und Kunstformen.

Meiner Stadt wünsche ich, ihren Bewohnerinnen und Bewohnern und der Kultur- und Kreativszene Mut und Offenheit für neue Wege, die Gabe, eigene Perspektiven auch mal zu wechseln, sich auf das, was fremd und anders erscheint, einzulassen.

Ich wünsche Leipzig und uns allen, dass gestandene und neue Macherinnen und Macher in dieser Szene noch enger zusammen rücken, um von den jeweils vorhandenen Potentialen zu partizipieren. Es ist eine Stadt mit vielen tollen Leuten und eine Menge guter Energie. Ich liebe sie und halte ihr die Treue.

Jan

Was machst du nach unserem Interview?

Simone Dake

Passt wunderbar. Mein nächster Termin ist das MACHN-Festival-Teammeeting.

Jan

Sehr cool. Schöne Grüße. Vielen, vielen lieben Dank für deine Zeit.

Simone Dake

Ich danke euch für eure Initiative.

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