Schließen
Home pfeil breadcrumbs Journal pfeil breadcrumbs Interview - Willy Iffland
Icon KategorieInterview
27. Juli 2022
Willy Iffland - Content Creator & Pitch This! CEO

Willy Iffland, Content Creator, Geschäftsführer von Pitch This! und selbst ernannter „Nike-Head“ ist in der Streetwear- und Sneaker-Szene Deutschlands längst nicht mehr wegzudenken. Wir sprechen mit ihm über seine Kreativagentur, die Verantwortung und Perspektiven im Social-Media-Business und seinen persönlichen Umgang mit Nachhaltigkeit. In einer Liebeserklärung an die Stadt Leipzig, erzählt er uns von seinen Places to be.

Celina

Wir sind heute hier bei Pitch This, die Kreativagentur, die du 2019, wenn ich richtig liege, zusammen mit Freunden gegründet hast?

Willy Iffland

So siehts aus. Wir haben am Wochenende dreijähriges Jubiläum.

Celina

Wie kam es dazu?

Willy Iffland

Ja, also im Endeffekt ganz einfach. Ich bin jetzt schon recht lange in diesem ganzen Social-Media-und Marketing-Business und es war immer mein Traum, eine eigene Firma zu haben. Olli macht schon relativ lange Film- und Fotoproduktion und war immer selbstständig. Marcel ist Eventmanager und Marketer, hat das studiert und ist auch sehr gut. Wir alle waren selbstständig und gleichzeitig Freunde. Irgendwann haben wir uns gesagt, ok, warum gründen wir nicht einfach eine Agentur zusammen, wenn wir die Skills und Bock drauf haben. Dann können wir unsere Energien bündeln. Und daraus ist Pitch This entstanden. Später kam dann noch unsere Kollegin Lisa dazu. Sie macht gerade SEO, SEA und Social Ads. Das Besondere bei uns ist, alle, wie sie da oben sind, sind Leute, die sich kennen. Dadurch hat es diesen krass familiären Charakter. Was natürlich auch schwierig sein kann, gerade wenn es mal eine kritische Situation gibt. Aber grundsätzlich ist die Arbeit dadurch viel entspannter. Wir sind jetzt mittlerweile um die 20 Leute, was in drei Jahren schon recht gut ist, weil wir wirklich „from the scratch“ angefangen haben alles selbst aufzubauen, ohne Investoren.

Celina

Was umfasst die Agentur, was sind eure Leistungen?

Willy Iffland

Also wir sind eine Kreativagentur, die eigentlich alles macht (lacht). Also 360° von Content Production, was natürlich unser Haupt-Steckenpferd ist, bis Marketing, Konzepte, Social-Media-Betreuung, aber eben auch Performance Marketing, machen wir eigentlich wirklich alles in dem Kreativbereich. Grafikdesign und Webseitenerstellung auch noch. Also manche Sachen sind natürlich mehr gefragt, manche weniger. Aber wir wollten uns von Anfang an breiter aufstellen, sodass wir mehrere Sachen abdecken können.

Celina

Wer sind eure Kunden? Habt ihr Stammkunden?

Willy Iffland

Am Anfang war es natürlich viel Lokales, also für kleinere Unternehmen. Aber mittlerweile wandelt sich das Blatt. Wir haben letztes und vorletztes Jahr den Imagefilm für die Stadt Leipzig gemacht, B2B und B2C zwei Varianten. Das war ein großes Projekt. Wir arbeiten viel mit der HHL zusammen, der Business School hier. Wir haben als Kunden verbio aus dem sächsischen Umland. Vor Kurzem haben wir für den Fußballverein Borussia Dortmund die komplette Trikot-Kampagne filmisch umgesetzt. Also du merkst schon, queerbeet. Einer unserer größten Kunden ist Paulaner und Hardenberg-Wilthen. Für die machen wir eigentlich die komplette Betreuung der Social-Media-Kanäle plus Content Production. Ja, und dann viele kleinere Sachen, die man vielleicht nicht so in der Öffentlichkeit kennt. Es wächst und es kommt immer wieder Neues dazu. Aber es ist auch ein schmaler Grat zwischen was kannst du leisten und was kannst du umsetzen, dass es zu 100% gut wird. Oder wo ist es dann irgendwann zu viel. Wir wachsen komplett organisch und da muss alles irgendwie die Balance halten.

Celina

Euer Office ist im Moment halb fertig, halb Baustelle, wird es dementsprechend noch erweitert?

Willy Iffland

Ja, also das Ding ist, der Status der Pittlerwerke ist ja relativ am Anfang. Wir waren, glaube ich, auch die ersten Mieter hier in dem Komplex. Das ist eine riesige Baustelle, die wird auch noch Jahre lang so bleiben. Wahrscheinlich. Ich hoffe natürlich, dass unser Haus hier in den nächsten zwei, drei, vier Jahren mal fertig ist. Wir haben aber auch die baugleiche Fläche gegenüber von unserem Office auf der anderen Seite angemietet, weil wir gesagt haben, bevor da irgendeine komische Versicherungen oder irgendein langweiliges Unternehmen reinkommt, sichern wir uns die auch und machen da ein Co-Working-Space draus. Aber wir sind hier eben auch immer noch in Wahren, also gefühlt am Arsch der Heide. Deswegen wird sich zeigen, wie sich das die nächsten Jahre entwickelt.

Celina

Nun kommst du selbst aus dem Background Content Creation und Production. Wann hat es bei dir angefangen?

Willy Iffland

Ich mache das tatsächlich schon echt lange. Je öfter ich darüber nachdenke, desto trauriger ist es (lachen). Weil ich in diesem Game schon echt ein alter Hase bin. Ich habe vor knapp elf Jahren nach meiner Ausbildung angefangen und habe den Blog gegründet. Es war eine Zeit, in der Internet noch nicht das war, was es heute ist. Und Blogs waren damals noch voll das Ding. Jeder hat Blogs gelesen, natürlich auf Facebook geteilt. Die Reichweiten waren noch nicht eingeschränkt und du konntest das Maximale rausholen. Dann bin ich mit dem Blog relativ schnell gewachsen und groß geworden. Das hat dazu geführt, dass ich einen Praktikumsplatz in Berlin bekommen habe und nach Berlin gezogen bin. Dort habe ich das Jahre lang weitergemacht, war aber auch parallel dazu angestellt in verschiedenen Unternehmen. 2014 oder 2015 habe ich angefangen, Instagram professioneller zu machen. Ich hatte es vorher schon, aber es ist immer mehr so nebenbei gelaufen. Meine Vorliebe für Klamotten und Schuhe war schon immer da, sodass ich damals angefangen habe, meine Outfits und Schuhe zu posten. Und ja, es lief halt gut. Ich hatte das Glück, dass ich werbetechnisch viele Kunden vom Blog mit zu Instagram nehmen konnte. Das war dann auch die Zeit, wo klassische Blogs langsam an Relevanz verloren haben und dann so Social-Media-Profile wie Instagram und Co langsam auf dem aufsteigenden Ast waren. 2016 bin ich hier nach Leipzig gezogen und habe mich im selben Jahr selbstständig gemacht mit meinem Content Creation Kram. Seitdem lebe ich davon.

Celina

Rückblickend mit deiner Erfahrung, was würdest du sagen, sind die positiven und die negativen Seiten von Social Media?

Willy Iffland

Ja, also die positiven Seiten ganz klar, ich meine, ich führe ein absolut privilegiertes Leben. Ich verdiene gutes Geld. Ich kann mir in Anführungszeichen leisten, was ich will. Du hast halt die Gewissheit, dass du dir keine Sorgen um deine nähere Zukunft machen musst, wenn du ein bisschen intelligent bist und Geld sparst. Ich habe mir letztes Jahr eine Wohnung gekauft in Leipzig. Das sind alles Sachen, die ich halt wahrscheinlich niemals machen könnte, wenn ich einen normalen 9/5 Job hätte, sage ich jetzt mal so. Und allein das hat aus wirtschaftlicher und monetärer Sicht natürlich viel ermöglicht.
Aber natürlich, auf der anderen Seite gibst du dein ganzes Leben öffentlich preis. Jeder weiß mehr oder weniger alles über dich, je nachdem, wie viel du von dir zeigst. Du stehst in einer gewissen Öffentlichkeit und bist natürlich auch Mobbing, Neid und Hass ausgesetzt. Es gibt Leute, die können damit umgehen, es gibt Leute, die zerbrechen daran.

Celina

Wie gehst du damit um?

Willy Iffland

Bei mir hält sich das immer so ein bisschen die Waage. Es ist immer Tagesform abhängig, aber es ist jetzt auch nicht mehr so schlimm wie früher.
Ich habe irgendwann mal gesagt, ich bin ein Fan von Kritik, wenn sie sachlich ist. Also wirklich. Aber das Problem ist, heutzutage kann keiner sachlich kritisieren, gerade in der Branche, in der ich mich bewege. Es wird immer gleich persönlich. Das ist halt das, was man in Kauf nehmen muss, gerade wenn man eine größere Reichweite hat. Da bin ich ja noch ein kleiner Fisch. Da gibt es ja Leute mit Millionen Followern, die dann jeden Tag durch ihre Kommentarspalten scrollen und nur Hass entgegen bekommen. Also das könnte ich auf jeden Fall nicht. Das würde ich auch nicht wollen und das wäre es mir auch nicht wert. Aber ja, das ist eine von diesen Schattenseiten, da gibts aber auch noch viel mehr.

Celina

Wie hat sich dein Leben durch Lockdown, Pandemie und Co. geändert?

Willy Iffland

Ich war immer sehr viel unterwegs, was eigentlich ja schön ist, wenn man das jetzt so hört. Allerdings gab es teilweise Monate, wo ich drei Tage zu Hause war und sonst nur auf Reisen. Du kommst an, packst aus, packst wieder ein und es geht wieder los. Ich war davor quasi nur unterwegs und bin dann von 100 auf null. Gerade in meiner Branche wurde ja alles runtergefahren. Events, Festivals, Pressereisen, das war alles weg. Ich für meinen Teil kann jetzt im Nachhinein sagen, es war geil, weil ich konnte mich mal komplett entschleunigen. Ich habe vorher schon sehr rastlos und relativ ungesund gelebt, auch was Ernährung angeht und so. Seit zweieinhalb Jahren arbeite ich mit einem Coach zusammen. Auch ein Privileg, was das Ganze mit sich bringt. Ein Personal Trainer, mit dem ich viermal die Woche Sport mache und auch meine Ernährung umgestellt habe.

Celina

Du sagst selbst, du bist ein alter Hase im Social-Media-Business. Wie beeinflusst ihr Trends, wie beeinflusst ihr vielleicht auch junge Menschen? Die ja unmittelbar mit diesen Inhalten konfrontiert sind. Was denkst du, wie und welche Verantwortung tragt ihr auch dabei?

Willy Iffland

Ich glaube eine große. Also ich denke wirklich, dass das, was Leute wie ich vorleben, gerade in diesem Bereich nachgemacht wird. Ich rede jetzt mal nur für den deutschsprachigen Raum. Ich merke es ja auch, wenn Leute mir schreiben, "Ich habe mir dies und das gekauft wegen dir". Natürlich habe ich dahingehend eine große Verantwortung. Da geht es auch darum, was für ein Kaufverhalten hast du, wie viele neue Sachen postest du, was sagst du den Leuten. Also man merkt schon, man kann die Leute auch erziehen. Und in der Position sind wir auf jeden Fall. Also vor zwei, drei Jahren war es noch so, du brauchst auf jeden Fall eine Rolex im Leben, um irgendwie einen gewissen Status zu haben, wo ich natürlich auch vorne dabei war und gesagt habe, ich lebe das vor und fühle es komplett. Ich denke mir aber dann auch, wenn du irgendwie so ein 14-,15-jähriger Bengel oder Mädel in der Schule bist und siehst es dann, was macht das mit denen? Gerade so in diesem Alter. Mir schreiben Leute, dass sie gemobbt werden in der Schule, weil sie keine Markensachen anhaben und das ist so absurd, diese Vorstellung. Ich denke mir immer, was das mit mir gemacht hätte, wenn ich damals in der Position gewesen wäre. Ich bin jetzt 32. Zu meiner Zeit gab es so was wie Smartphones, Gott sei Dank in der Form wie heute noch nicht. Oder diese ganzen Social Networks und Influencer. Also wenn ich in der Zeit heute groß werden würde, ich glaube, ich würde durchdrehen. Der Druck, der ausgeübt wird auf junge Menschen, den können wir, glaube ich, selber gar nicht einschätzen. Und natürlich tragen oder haben wir lange Zeit zum Teil dazu beigetragen. Ich habe jahrelang einfach nur Konsum vorgelebt, in seiner reinsten Form und auch irgendwie versucht, etwas darzustellen, was ich gar nicht bin. Da habe ich aber lange gebraucht, um das zu verstehen. Und deswegen ist es mir auch umso wichtiger. Also ich habe meinen Konsum krass zurückgefahren, ich kaufe kaum Klamotten, ich kriege natürlich immer viel zugeschickt, da kann ich auch nichts ändern dran. Es ist eben irgendwie eine eklige Branche, aber man muss versuchen, irgendwie das Gute daraus zu ziehen und die Leute zu teachen.

Celina

Wie trägst du deinen Teil dazu bei?

Willy Iffland

Ich habe mit Vincent zusammen einen YouTube-Kanal, da sprechen wir viel über Nachhaltigkeit und faire Produktion von Klamotten. Ich habe schon viele Ideen gehabt und plane auch immer noch so ein bisschen an einer rum, dass man wie eine Art Streetworker an Schulen geht und Workshops gibt zum Thema Influencer. Also was das eigentlich ist und dass man versucht, Transparenz zu zeigen, dass nicht alles so schön ist und dass man viel mit Problemen konfrontiert ist. Nach dem Motto: Du sollst nicht alles glauben, was dir gesagt wird.
Wir wollen jetzt auf jeden Fall ein Konzept anfertigen, dass wir auch wirklich an die Schulen rangehen können und eine Art Tour organisieren können. Also zumindest durch die größeren Städte in Deutschland und einfach mal drüber reden. Das wäre schon eine geile Nummer. Ich glaube, Kids, gerade die Jungs in so einem Alter kennen mich durch meinen Sneaker-Content und so weiter. Und ich glaube, wenn man denen das mitgibt und ordentlich erklärt und transparent verkauft, dann kann das, glaube ich, schon einen guten Teil dazu beitragen, dass es vielleicht in Zukunft besser wird. Also ich alleine wahrscheinlich nicht, aber wenn sich viele andere Leute beteiligen, schon. Wenn du so etwas planst, brauchst du natürlich irgendwie Support.

Celina

Wie stehen deine Kollegen und Kolleginnen dazu?

Willy Iffland

Ja, das Problem ist, den anderen ist es meistens egal. Also es gibt Leute in dieser Szene, die sind Anfang 20 und verdienen wahrscheinlich im Monat eine halbe Million. Und das ist dann halt der Status quo für junge Menschen, die sagen, ok, das will ich auch schaffen. Und dann kommen noch solche Posts hinzu, von wegen "Ihr müsst immer an euch glauben, dann schafft ihr das auch". Was ja auf der einen Seite richtig ist, der Gedanke dahinter zu sagen, glaubt an euch und dann schafft ihr was im Leben. Aber auf der anderen Seite suggerierst du ja irgendwie, dass es total realistisch und normal ist, mit Anfang 20 Millionär zu sein. Was eben einfach Bullshit ist und was ja auch nicht das Ziel im Leben sein sollte. Deswegen habe ich mich auch relativ krass zurückgezogen aus diesem ganzen Business. Klar, es ist irgendwie noch mein Job, aber so alles, was den Konsum drumherum angeht, bin ich mittlerweile komplett raus. Ich muss ehrlich sagen, ich habe einfach keine Lust mehr. Ich bin wie gesagt in dieser Branche schon etwas älter.

Celina

Wie siehst du perspektivisch die Zukunft von Instagram, Social Media? Glaubst du, das hat eine Zukunft in dem Format, wie es heute läuft?

Willy Iffland

Also TikTok, Instagram, Meta, die komplette Gruppe, das sind ja mittlerweile solche Big Player mit einer gewissen Vormachtstellung. Es gibt ja immer wieder neue Sachen, aber so wirklich durchsetzen wird sich nie etwas. Ich glaube halt, solange die wissen, dass die so eine Macht haben, wird es auch bestehen bleiben. Die Leute werden es auch weiterhin konsumieren. Deswegen denke ich schon, dass das gerade was Advertising und Influencer Geschichten angeht, weiterhin noch eine Relevanz haben wird. Also ich meine, früher waren es irgendwie Schauspieler oder Werbespots im Fernsehen oder Musiker und heute sind es eben ganz normale Leute, die eine Nische für sich entdeckt haben und das zeigen. Junge Menschen kennen heute eher Streamer, YouTuber oder TikToker als irgendwelche Musiker oder Schauspieler. Also wenn ich überlege, meine Musikhelden aus dem Early 2000er Rap, Dr. Dre oder Cypress Hill zum Beispiel, so was kennen die Leute einfach nicht mehr.

Celina

Zum Thema Nachhaltigkeit. Du hast 2019 zusammen mit Helen Fares bei dem Film "Mode.Macht.Menschen" mitgemacht. Was hat die Reise mit dir gemacht? Wie hast du sie wahrgenommen?

Willy Iffland

Ja, ein sehr bildgewaltiger Film. Inhaltlich hätte da noch viel mehr rausgeholt werden können. Wir hatten auch nur jeweils zwei Wochen zum Drehen. Ich war zuerst da, dann später kam Helen. Wir hatten verschiedene Routen.
Ich habe ja vorhin bereits gesagt, dass ich seit einiger Zeit versuche, anders zu konsumieren, anders zu denken und mich weiterzubilden. Die Reise war eigentlich ein Knackpunkt. Also ich bin da hingegangen als sehr konsumorientierter Mensch, wie ich es ja auch in der Doku sage. Und bin wiedergekommen, natürlich nicht als perfekter Mensch, also das würde ich niemals von mir behaupten, ganz im Gegenteil. Aber es hat schon was mit mir gemacht, das Ganze wirklich mal hautnah mitzuerleben oder zumindest oberflächlich zu sehen. Das ganz krasse Zeug haben wir da natürlich auch nicht gesehen. Wir duften nicht in die Fabriken, keine Chance. Aber das, was ich dort mitgenommen und aufgesaugt habe, hat mich schon sehr zum Nachdenken angeregt und langfristig etwas mit mir gemacht. Ich bin weit weg davon zu sagen, dass ich schon da bin, wo ich sein will, was meinen Lebensstil oder mein Konsumverhalten angeht. Aber ich glaube, es hat schon eine krasse awareness in meinem Kopf geschaffen. Auf jeden Fall, was Statussymbole und Konsum angeht. Seitdem ist es wirklich so, ich kaufe super selten Klamotten, ich kaufe ganz viel Vintage, also wenn ich mal shoppen gehe, das ist relativ selten. Ich habe meinen Schuhkonsum krass runtergefahren. Aber es ist am Ende des Tages trotzdem mein Job, das darf man nicht vergessen. Ich werde jetzt nicht auf einmal sagen, ich mach gar nichts mehr. Das ist ja, glaube ich, nicht der Sinn und Zweck dahinter, sondern es geht eigentlich eher darum zu hinterfragen, ist es wirklich notwendig, so viel zu konsumieren? Kann man anders konsumieren? Kann man sein Verhalten anpassen? Kann man mehr darauf achten, was man konsumiert? Wo wurde das hergestellt? Sind die Bedingungen fair? Werden die Leute gut bezahlt? Ich habe sehr viel von mir infrage gestellt und an einigen Schrauben konnte ich schon gut drehen, an anderen noch nicht so.

Celina

Wo kaufst du ein?

Willy Iffland

Also aktuell, wenn ich einkaufe eigentlich viel bei Made in Germany Marken. Wenn ich mal was kaufe, dann zum Beispiel bei EDOGOODS, das ist ein Berliner Label, das komplett in Deutschland produziert. Ich habe so Taschen von OBS, auch ein Made in Germany Label. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal in einem Fast-Fashion-Laden war. Das ist schon lange her. Ich war einmal bei Cos, da habe ich mir eine Anzughose gekauft. Aber H&M, Primark, Zara bin ich komplett raus. Aber schon immer eigentlich. Also die Hose, die ich hier anhabe, die ist in Sachsen-Anhalt in einer kleinen Näherei von drei Mid-50 jährigen Frauen genäht worden, die alle gut bezahlt werden. Das T-Shirt ist von EDOGOODS. Ja, Schuhmarken sind halt immer so eine Sache. Ich fange jetzt nicht an und trag irgendwelche Veja Schuhe oder so.

Celina

Keine Barfußschuhe? (lacht)

Willy Iffland

Keine Barfußschuhe. Mein Ding sind halt Sneaker und ich bin einfach ein Nike-Head. Ich würde mich verraten, wenn ich anfangen, würde solche Schuhe zu tragen. Das bin halt einfach nicht ich. Das ist einer der Kompromisse, den ich eingehen muss, dass ich natürlich trotzdem Schuhe trage, die Made in Bangladesch oder China sind. Aber ja, das gehört eben zu mir, das ist mein Business. Ich hoffe einfach, dass die Brands irgendwann wirklich langfristig nachhaltig arbeiten, was sie ja jetzt schon versuchen vorzugeben, was aber auch viele Lügen sind. Aber ja, ich versuche schon darauf zu achten, dass eine Brand nachhaltig arbeitet, nachhaltige Materialien benutzt, fair produziert etc.

Celina

Ich erinnere mich an die letzte Episode. Ihr hattet ein Interview sechs Monate später, du hast einen Vertrag mit einem Code of Ethics unterzeichnet. Ist daraus etwas geworden?

Willy Iffland

Das kann ich dir ganz ehrlich sagen, nein. Es gab zu einem späteren Zeitpunkt einige Unstimmigkeiten im Produktionsteam. Seitdem war einfach die Luft raus. Und ich muss ehrlich sagen, es war alles ein bisschen schöner geredet, als es war. Also ich glaube, die Ansätze waren gut. Die Idee an sich ist ja geil, man sagt, man schließt sich zusammen. Aber es ist nie dazu gekommen, dass wir jetzt sozusagen eine Art Round Table gemacht haben und versucht haben, als Influencer-Initiative zu sagen, wir gehen die Kooperationspartner an und geben da Druck auf den Kessel. Das ist nie passiert. Total schade, aber ich glaube, das zu realisieren ist halt ein Mammutprojekt. Was sicherlich möglich ist, das soll gar keine Ausrede sein. Ich würde es auch wirklich gern machen.

Celina

Konntest du dennoch für dich persönlich als selbstständiger Content Creator Konsequenzen daraus ziehen?

Willy Iffland

Das Ganze war und ist immer noch ein Prozess für mich, der mich selbst auf jeden Fall schon eine ganze Ecke weitergebracht hat. Ich muss dazu sagen, es ist schwierig, den Spagat dazwischen zu finden. Das ist eben mein Job und meine Leidenschaft. Es ist nun mal so, dass ich auch bezahlt werde dafür, dementsprechend auch davon lebe und gewisse Sachen machen muss. Aber ich kann sagen, heute arbeite ich viel ausgewählter mit Kooperationspartnern zusammen. Heute schaue ich mir die genauer an. Leider ist es nämlich meistens so, dass die, die die meiste Kohle haben, am beschissensten sind, vom Image her. Dann frage ich mich, nimmst du trotzdem das Geld oder verzichtest darauf, kannst dafür aber mit ruhigem Gewissen schlafen. Früher habe ich einfach alles gemacht und habe nichts hinterfragt, weil ich einfach Kohle verdienen wollte. Heute ist das anders, ich habe dieses Jahr schon drei, vier Jobs abgesagt, wo andere wahrscheinlich sofort zugesagt hätten. Eine davon war eine Kooperation mit einer bekannten Fast-Fashion-Kette. Sicherlich ist es sehr lukrativ und sicherlich gibt es auch schlimmere Kooperationspartner, aber auf der anderen Seite will ich auch, dass die Leute mir das abkaufen, was ich sage. Es bringt ja nichts, wenn ich YouTube-Videos mache und darüber rede, wie scheiße dieses Label ist und wie krass Greenwashing die betreiben und mache dann eine Kooperation mit denen. Also im Endeffekt muss man zu sich selber ehrlich sein. Kann man das verantworten? Wenn du dich für Nachhaltigkeit einsetzt, kannst du mit solchen Leuten nicht arbeiten.

Celina

Wir sind hier in Leipzig. Dein Weg hat dich hierher geführt. Ursprünglich kommst du aus Rudolstadt, dann von Berlin nach Leipzig. Was bedeutet für dich diese Stadt?

Willy Iffland

Jede Menge Lebensqualität auf jeden Fall. Ich habe verhältnismäßig lange in Berlin gelebt.
Ich bin damals dort weggezogen, weil ich völlig im Arsch war im Kopf. Also ich war völlig fertig. Ich habe in Friedrichshain gewohnt, relativ laut vorne raus. Ich habe jede Nacht nur zwei, drei Stunden gepennt und war immer nur unterwegs. Ich war einfach am Ende, körperlich und psychisch. Das war und ist es ja immer noch, wirklich so ein Gesellschaftsdruck. Man hat das Gefühl, man muss nach Berlin, um irgendwas im Leben zu erreichen, gerade in so einer kreativen Branche oder in der Medienbranche. Das wird dir immer noch vorgelebt und das ist so toxisch. Das war dann so der Punkt, wo ich gesagt habe, okay, ich brauche einen Neuanfang und dann bin ich halt mehr oder weniger innerhalb von zwei, drei Wochen nach Leipzig gezogen.
Ich habe mich von Anfang an hier wohlgefühlt. Ich mag die Menschen, die Kultur, ich habe hier meine Basis. Also mein komplettes Leben baut sich auf der Stadt auf. Ich habe hier meine Firma, meine besten Freunde, meine Beziehung. Es ist für mich einfach eine schöne Stadt. Sie hat die richtige Größe und viel Potenzial. Ich glaube, das ist noch lange nicht ausgeschöpft. Ich fühle mich einfach wohl hier. Leipzig ist für mich Lebensqualität. Absolut.

Celina

Siehst du deine Zukunft hier?

Willy Iffland

Ja. Ich habe natürlich hier auch eine Verantwortung. Ich habe schon viele Städte und viele Länder gesehen auf der Welt. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich mich hier auf jeden Fall am wohlsten fühle.

Celina

Was sind deine Lieblingsorte hier in Leipzig?

Willy Iffland

Also ich würde jetzt als erstes sagen, ist wahrscheinlich ungewöhnlich, aber ich finde es einfach krass, weil es meine erste Shooting Location in Leipzig war. Der Bayerische Bahnhof. Also der Underground, die S-Bahn Station mit diesen langen Rolltreppen und diesen runden Säulen. Das ist auf jeden Fall ein Spot, weil ich damit eine gewisse Verbindung habe. Dann die Dankbar, weil es mein Lieblingscafé ist und ich mit dem Besitzer auch sehr gut befreundet bin. Und natürlich die Pittlerwerke, hier ist unser Office und es ist ja auch ein geiles Gelände. Wenn es danach geht, könnte ich eigentlich auch sagen, die Stadt Leipzig an sich. Weil ich meine, wie viele Städte in Deutschland gibt es, die vom Krieg so verschont geblieben sind damals. Ich meine die ganze Architektur, also das Waldstraßenviertel, das Musikerviertel mit den ganzen schönen Straßen. Zum Beispiel die Ferdinand-Lassalle-Straße. Wenn du die Straße hinunter läufst, hast du auf der einen Seite diese geilen Altbauten mit dieser Allee und rechts hast du direkt einen Park. So völlig absurd, wie schön das ist.

Celina

Vielen Dank für das nette Gespräch.

Willy Iffland

Danke euch für eure Zeit und für die Möglichkeit.

Share this

bei Twitter teilen bei Facebook posten bei Linkedin posten
Deine Meinung ist uns wichtig.
Wie fandest du den Artikel?
Mit abschicken stimmst du unseren Datenschutzbestimmungen zu.
Solltest du nicht verpassen
test
Anne Trautwein - Gründerin & Designerin von Luxaa
read
test
Iona Dutz x war mal deins & OODD Studios
see
test
Stephanie Wilfert & Maxi Böhme - Designerinnen & Gründerinnen von St’atour
read
test
Studio Malolepzie x VIU
see

Mehr als ein Wort - wir sprechen über persönliche Wege, Erfahrungen und Visionen. Unsere Interviews porträtieren kreative Leipziger Köpfe und interessante Menschen unserer Stadt. Gemeinsam setzen wir uns für mehr Sichtbarkeit der Mode- und Kreativszene Leipzigs ein.

Mehr
Community
Exklusive Events und Einladungen, Happenings und News direkt zu dir.
Du kannst den Newsletter jederzeit abbestellen. Mit Abschicken stimmst du unseren Datenschutzbestimmungen zu.